Muss denn alles Bio sein?

Als ich vergangenen Mai versucht habe, mit dem Hartz-IV-Satz für Lebensmittel auszukommen und dabei nur Bioware zu kaufen, musste ich konsequent sein – sonst wäre der Versuch nichts wert gewesen.
Manchmal ist es mich hart angekommen, etwa wenn ich an Ständen mit supergünstigem Spargel vorbei kam, der so billig war, dass er sogar in dem knappen Budget drin gewesen wäre. Mit Todesverachtung bin ich an solchen Angeboten vorbeigelaufen, wohl wissend, dass im Naturkostladen der Spargel in meinem Etat absolut nicht drin war. So gab es für mich – der Versuchsanordnung zuliebe – halt gar keinen Spargel.
Im echten Notfall, zugegeben, würde ich es wohl nicht ganz so eng sehen, sondern erfreut zugreifen, wenn mir so ein verlockendes Spargel-Schnäppchen unterkäme.

Wo ist nun also die Grenze zu sehen?
Ich habe mal versucht, eine Prioritätenliste zu erstellen.
An Platz 1 stehen für mich alle tierischen Produkte.
Geld sparen um den Preis, dass Tiere gequält werden, ist nicht akzeptabel. Eier, Fleisch und Milchprodukte von Tieren, die unter übelsten Bedingungen gehalten werden, kommen also nicht in Frage. Wobei es mir da weniger um Bio im strengen Sinne, sondern mehr um die artgerechte Tierhaltung ankommt.
Übrigens: Nur bei Tiererzeugnissen aus biologischer Landwirtschaft ist strikt verboten, dass die Tiere gentechnisch verändertes Futter zu sich nehmen.
Platz 2: Gewürze. Getrocknete Kräuter und Gewürze dürfen bestrahlt sein. Das muss laut Gesetz zwar kenntlich gemacht werden – oft genug unter-bleibt die Kennzeichnung jedoch (sieh auch http://idw-online.de/
pages/de/news216996). Auch Tütensuppen enthalten gern mal (verbotenerweise) nicht deklarierte bestrahlte Pilze oder Gewürze.
Komplett verboten ist die Bestrahlung im Bereich Bio-Lebensmittel. Damit ist für mich klar, wo ich meine Gewürze hole. (Ausnahme: Wenn ich im Ausland auf einem Markt bin und mich dort ein exotisches Gewürz anlacht, kann ich nicht widerstehen.)
Platz 3: Brot, Semmeln und ähnliches. Es ist nur wenige Jahre her, da war als Zusatzstoff für Gebäck Cystein, gewonnen aus Menschenhaar, erlaubt. Als sich das herumsprach und die Leute sich ekelten, wurde Menschenhaat als Quelle verboten. Heute gewinnt man Cystein beispielsweise aus Schweineborsten. Also, ich möchte auch kein Schweineborstenederivat in meiner Frühstückssemmel. Was immer noch erlaubt ist: ein kleiner Anteil Gips im Gebäck, das macht Semmeln schön knusprig. In Bio-Gebäck selbstverständlich nicht erlaubt.
Platz 4: Basis-Gemüse wie Kartoffeln oder Karotten und alles, was in der Erde wächst. Erstens ist der Geschmacksunterschied deutlich, zweitens sind die Sachen auch in Bio-Qualität preisgünstig, drittens gehe ich davon aus, dass es sich bei Gemüse, das in der Erde wächst, besonders bemerkbar macht, wie diese Erde behandelt wurde.
Platz 5: Gemüsesorten wie Rote Bete oder Spinat, die dazu neigen, Nitrat anreichern. Kunstdünger liefert das Nitrat und verstärkt das Problem.

Wo setzen Sie Ihre Prioritäten? Ich freue mich über Ihre Anregungen, Ideen, Gedanken!

4 Kommentare zu „Muss denn alles Bio sein?“

  1. Dorothea sagt:

    Nach der Lektüre von “Anständig essen” (Karen Duve) und “Die Einkaufsrevolution” (Tanja Busse) war mir klar, dass ich keinesfalls so weiter leben kann, wie bisher. Ich hatte zwar immer wieder versucht, auf E-Nummern und andere “Scherze” zu achten, empfand aber die Einkäufe als sehr anstrengend und dem ganzen Schrott wirklich aus dem Weg zu gehen, schien mir unmöglich.

    Angeregt durch das dann dritte Buch “Arm aber Bio” habe ich mich dann zum ersten Mal in meinem Leben auf den Weg gemacht, einen Bioladen aufzusuchen. Ja, ich musste dafür erst einmal im Internet recherchieren, denn – hier vor Ort gibt es so etwas nicht.

    Nun habe ich zwei Nachbarorten jeweils einen Bioladen gefunden. Nachdem ich nun etwa seit einem Monat dort einkaufe, muss ich sagen, dass ich Einkaufen noch nie als so entspannt empfunden habe.

    Ja, es ist teurer, und ja, ich bin ein wenig neidisch auf die Leute, die in größeren Städten mal eben in den Bioladen um die Ecke gehen können – und sogar noch mehrere vor Ort haben. Aber mit einer einigermaßen guten Organisation geht es doch ganz gut. Fährt man eben einmal pro Woche einkaufen und besorgt alles, was nötig ist. Brot backe ich eh schon seit längerer Zeit selbst, weil ich einfach wissen möchte, was da drin ist (und außerdem schmeckt es um Längen besser).

    Ab und an kommt es vor, dass mir doch noch eine Zutat fehlt, die hole ich dann in Bio-Qualität in einem der zwei Supermärkte in meiner Nähe (bis jetzt hatte ich Glück und immer bekommen, was ich brauchte), wobei der Supermarkt für mich jetzt nur noch als Notlösung herhalten darf. Eier und Fleisch möchte ich dort z. B. auf gar keinen Fall mehr kaufen.

    Kostenmäßig liege ich gar nicht über dem, was ich früher für Lebensmittel ausgegeben habe, weil ich viel gezielter einkaufe und auch den Wert mehr schätze. Wurde früher mal eine Paprika im Kühlschrank schlecht (weil sie eh nicht schmeckte), passiert das heute nicht mehr, weil sie a) teuer war und b) so lecker schmeckt, dass man sie gar nicht vergessen kann.

    Langer Rede kurzer Sinn: Für mich kommt nur noch 100% Bio in Frage, ganz klar!

  2. Nastleena sagt:

    Was mich ganz besonders entsetzt, ist, dass bei so vielen Lebensmitteln Aspartam als Zusatz- bzw. Zuckeraustauschstoff erlaubt ist. Mein Freund hat mir über eine Studie berichtet, aus der hervorging, dass Aspartam in höheren Mengen tödlich ist. Fragt sich, wie solche Informationen den Lebensmittelbehörden entgehen und Aspartam zugelassen wird. Denn selbst bei Kaugummis ist dieser mit drin, sodass man immer schauen muss.
    Bei Gewürzen achte ich zudem stark darauf, dass sie nicht nur bio sondern auch fair gehandelt wurden, denn dadurch, dass es ein “Genussmittel” ist (neben Tee, Kaffee und Schokolade), will ich es auch mit gutem Gewissen genießen, ohne daran zu denken, dass ich womöglich mit meinem Handeln ein Kind auf der anderen Seite der Welt “getötet” habe.

  3. cocolina sagt:

    zu den prioritäten zählt für mich auch die verpackung. und dadurch wird es manchmal extraschwer. denn außer in wirklichen großstädten gibt es selten käse-, wurst- und fleischtheken, an denen ich die von mir gewünschte menge frisch abgepackt bekomme. bleibt oft nur der discounter, wo ich zwar biokäse etc bekomme, aber in der dicken plastikverpackung… auch nicht schön, von nachhaltig ganz zu schweigen.

    für eine 5personenfamilie sind nichtmal die abgepackten fleischmengen geeignet, 4 bratwürste gehen nicht für 5 mäuler. schade, echt.
    der nächste biometzger, wo ich ‘loses’ fleisch bekäme, ist über 10km entfernt. auch nicht ökologisch, mal eben dorthinzufahren: fürs fahrrad zu bergig, öffentlich eine kleine weltreise, bleibt das auto. :-( (( deshalb gibt es bei uns fleisch erst recht selten.

  4. Stefan sagt:

    Die Erstplazierung kann ich sehr gut nachvollziehen. Ich finde es sehr wichtig, dass Tiere artgerecht gehalten werden und kein Genfutter oder womöglich Wachstumshormone bekommen. Sicher gibt es jenseits der industriellen Tierquälerbetriebe auch in der konventionellen Landwirtschaft Positivbeispiele für gute Tierhaltung, aber mir ist da jetzt kein besonderes Gütesiegel bekannt. Wenn ich tierische Produkte aus ökologischer Landwirtschaft kaufe bin ich auf der sicheren Seite. Auf Platz zwei kommt bei mir das Gemüse. Zum einen weil ökologische Landwirtschaft für die Umwelt besser ist und zum anderen weil ich mir dabei sicher sein kann, dass nicht irgendwelche Pestizide mit im Salat sind. Die restlichen Lebensmittel haben keine spezielle Reihenfolge.

Kommentieren


+ 1 = vier